Holsteiner Katenschinken

Gebeizt, gesalzt, gepökelt, gegart, geräuchert (Bitte nur eigenes)
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Jemand
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Holsteiner Katenschinken

Beitragvon Jemand » Do 15. Nov 2018, 14:45

Beitrag: # 7462Beitrag Jemand »

Einleitend: Dies ist eine Herstellungsanleitung nach Bioland Richtlinien, welche über den Standard der EG-Öko-Verordnung für Bio-Produkte hinaus geht.

Mit freundlicher Genehmigung der Bioland e.V., Produkt und Markt

Wir hatten dieses Rezept im alten Forum und ich fände es schade wenn es in Vergessenheit geraten würde! Die Genehmigung (E-Mailtext) folgt unterhalb des Rezeptblocks.


Der Holsteiner Katenschinken
Produktionsanleitung für die Herstellung von Katenschinken.
Seit Jahrhunderten steht der Name Holsteiner Katenschinken für ein Traditionsprodukt aus Schleswig-Holstein.
Holsteiner Katenschinken.jpg
Der Holsteiner Katenschinken erhält seinen typischen Geschmack und die spezielle, zarte Konsistenz in mehreren Arbeitsschritten des Salzens und Würzens, des Trocknen und Reifens, vor allem aber durch das langsame Kalträuchern vorwiegend über Buchenholz. Der gesamte Herstellungsprozess von der Warenannahme bis zur Reifung des ganzen Schinkens dauert mindestens vier Monate. Ist der Räucherprozess abgeschlossen, benötigt der Holsteiner Katenschinken ausreichende Zeit zum Nachreifen, bevor er verkaufsfertig ist. Nach Ende der Reifezeit ist der Schinken im Anschnitt von kräftig roter Farbe mit leichter Marmorierung. Der Holsteiner Katenschinken ist geschmeidig und kernig (fest), der Fettgeschmack ist leicht nussig. Je nach Schweinerasse wiegen die fertigen Katenschinken zwischen ca., 7,5 und ca. 12 Kilogramm.

Materialauswahl

Fleisch
Für den Holsteiner Katenschinken werden Schweineschinken verwendet, bei denen der Schlossknochen und der Röhrknochen nicht ausgelöst werden. Gut geeignet sind Schinken ausgemästeter Tiere von mindestens 9 Monaten mit mindestens 12 kg Gewicht. Dabei ist darauf zu achten, dass kein dunkles, leimiges Fleisch, aber auch kein weiches, wässriges Fleisch verwendet wird. Viele Betriebe verwenden nur Schinken von männlich kastrierten Tieren, da bei Schinken von weiblichen Tieren und einer hormonell bedingten "Rauschigkeit" leicht Reifefehler auftreten können. Das Fleisch sollte frisch und gut ausgekühlt sein. Vom hygienischen und vom Reifestatus (pH-Wert-Verlauf) ist ein Zeitpunkt von 1 bis 3 Tagen nach der Schlachtung wünschenswert. Bei einem pH-Wert zwischen 5,3 und 5,7 ist eine gute Wasserabgabe möglich. Kerniges festes Fett ist nötig, damit der Schinken später seinen aromatischen Geschmack bekommt, weiches schmalziges Fett würde zu schnell ranzig werden. Beim Zuschnitt ist darauf zu achten, dass die Oberfläche möglichst glatt ist.

Salz
Meist werden pro kg 35 bis 40 g Salz verwendet.
• Naturgereifte Rohpökelwaren dürfen nur mit Kochsalz, Meersalz, Zucker und Gewürzen hergestellt werden. Wird auf Nitrit/Nitrat verzichtet, ist besondere Sorgfalt nötig.

Zucker
Zucker dient den MO als Nahrung und wird zu Milchsäure abgebaut. Dadurch werden Haltbarkeit und Farbe verbessert. Rohrzucker oder Vollrohrzucker kann gut verwendet werden. Die Menge liegt i. d. R. zwischen 2 und 4 g pro kg Fleisch und Fett.

Gewürze
• Pfeffer, gemahlen 2,0 – 3,0 g je kg
• Piment, gemahlen 0,5 – 1,0 g je kg
• Lorbeerblätter
• Wacholderbeeren
• aber auch Rotwein
Der Geschmack von Wacholderbeeren und Lorbeerblätter lässt sich besser verteilen, wenn man einen Rotwein-Wacholder-Auszug herstellt. Die gequetschten Beeren und Blätter werden dabei 4 bis 5 Tage in Rotwein eingelegt und abgesiebt. Durch das Einreiben mit diesem Auszug wird der Schinken zusätzlich aromatisiert und der pH-Wert gesenkt.

Starterkulturen
Der Zusatz von Starterkulturen beschleunigt den Herstellungsablauf und gibt mehr Sicherheit. Neben dem Ausgangsmaterial sind nun Zeit und Sorgfalt die wichtigsten Zutaten.

Herstellungsablauf
Der Herstellungsablauf lässt sich in vier Phasen unterteilen
1. Einsalzen
2. Durchbrennen
3. Räuchern
4. Nachreifen

Einsalzen
Salz, Zucker und Gewürze werden abgewogen, vermischt und der Schinken damit eingerieben. Um die Knochen herum wird mehr von der Mischung eingearbeitet.
Die Schinken werden eng in Behälter geschichtet, abgedeckt und eventuell beschwert. Die Zwischenräume sollten möglicht klein sein. Wird ohne Nitrat/Nitrit gearbeitet, sollte die Lagerung unter 7 °C erfolgen. Hierbei bildet sich eine sogenannte Mutterlake, die im Idealfall alle Schinken bedeckt. Meist jedoch reicht die Mutterlake dazu nicht aus, deshalb sollten die Schinken dann einmal pro Woche gewendet werden, d. h. die obersten nach unten sortiert. Sonst könnten Schinken, die nicht mit Mutterlake bedeckt sind, einen unerwünschten Schimmelbelag bekommen. In dieser Phase verteilt sich das Salz im Schinken von außen nach innen, der Schinken wird dabei weicher und zarter.

Durchbrennen
Nun wird der Schinken aus der Lake genommen und aufgehängt, damit er an der Oberfläche abtrocknet und sich das Salz gleichmäßig verteilen kann. Dies sollte zuerst unter Kühlung erfolgen, erst dann kann der Schinken bei Raumtemperatur ein bis zwei Tage "nachbrennen". Hierbei sollte jedoch auf Blasenbildung und abweichende Gerüche geachtet werden. Dazu nimmt man in der Nähe der Knochen eine Stichprobe mit einer Nadel.

Räuchern
Der kalte, milde Buchenholzrauch gibt den Schinken eine schöne goldbraune Farbe, einen angenehmen Räuchergeschmack und macht sie durch Austrocknung und keimtötende Wirkung haltbarer. Die Temperatur sollte zwischen 18 und 20 °C liegen, als rel. Luftfeuchte werden 75 % empfohlen. Die Oberfläche des Schinkens darf nicht feucht sein, sonst entsteht ein beißender Rauchgeschmack, der Fleischfarbstoff Myoglobin leidet und zudem würde ein grau-brauner Räucherrand den optischen Eindruck verschlechtern. Deshalb sollte auch nie ein kalter Schinken in einen wärmeren Rauch gehängt werden, das sich bildende Kondenswasser würde zum gleichen Fehler führen. Typisch sind kurze Räucherphasen, so dass Nachreife- und Räucherphase meist abwechselnd verlaufen.

Nachreifen
Die Nachreifung sollte in einem Raum ohne große Luftumwälzung erfolgen, damit der Schinken keinen Trockenrand bekommt. Während des Nachreifens sollte bei Bedarf kurz kalt zwischengeräuchert werden, um unerwünschte Beläge zu vermeiden. Die Abstände der Räucherintervalle sollten je nach Raumklima 4 bis 7 Tage betragen. Hierbei ist ständige Kontrolle nötig, denn es sollte geräuchert werden, bevor sich ein unerwünschter Belag bildet. Muss der Schinken abgewaschen werden, ist damit immer ein Qualitätsverlust verbunden. Ideal sind Nachreifetemperaturen von 10 bis 15 °C und eine relative Feuchte von 75 bis 78 %. Wichtig ist Dunkelheit, denn Licht fördert das Ranzigwerden des Specks und verringert so Qualität und Haltbarkeit.
Nachfolgend ein Rezepturvorschlag für naturgereiften Holsteiner Katenschinken.

Holsteiner Katenschinken
• Schinken s.o.
• 35,0 g Salz
• 2,0 g Pfeffer
• 3,0 g Zucker
• Wacholderbeeren
• Lorbeerblätter

Schinken mit Salz und Gewürz einreiben, dabei um den Knochen etwas mehr von der Mischung zugeben.
Sechs Wochen eng in Behälter geschichtet im Kühlraum bei unter 5 °C durchsalzen lassen. Dabei darauf achten, dass die Schinken öfter gewendet werden, falls sie nicht alle mit der sich bildenden Mutterlake bedeckt sind. Eine Woche im Kühlraum aufgehängt abtrocknen und durchbrennen lassen. Aufhängen und ein bis zwei Tage bei 15 - 18 °C durchbrennen und abtrocknen lassen. Dabei auf Blasenbildung achten, Geruch kontrollieren, evtl. am Knochen anstechen. Bei 18 - 20 °C bis kurz anräuchern und in einem Raum ohne große Luftumwälzung nachreifen lassen, dabei je nach Bedarf kurz kalt zwischenräuchern, um unerwünschte Beläge zu vermeiden. Abstände der Räucherintervalle je nach Raumklima 4 bis 7 Tage.
Holsteiner Katenschinken 2.jpg
Holsteiner Katenschinken 3.jpg
Natürlich schmeckt der Holsteiner Katenschinken am besten dünn (unter 1 mm) aufgeschnitten. Dazu muss er zerlegt werden.
• Die Pape (Kernstück aus Ober- und Unterschale) ist das beste, zarteste und mildeste Stück des Holsteiner Katenschinkens, hieraus lassen sich die größten und schönsten Scheiben schneiden.
• Die Blume (Nussstück) ist etwas fester und hat etwas kleinere Scheiben.
• Die Kappe (Schinkenspeck) ist leicht mit Fett durchzogen (für Kenner ein Genuss) und das preiswerteste Stück.
• Das Eisbein sowie die Knochen können zum Kochen von Eintöpfen verwendet werden.

Es ist empfehlenswert, Pape, Blume und Kappe, natürlich ohne Knochen, in Vakuum zu verpacken. Gekühlt reifen sie in der Verpackung nach, die Feuchtigkeit verteilt sich gleichmäßig und sie werden zarter und aromatischer. Auf diese Weise sind sie ohne Qualitätsverlust bis zu sechs Monate haltbar.

Wird der Holsteiner Katenschinken ohne Nitrit/Nitrat hergestellt, ist zwar ein höherer Aufwand an Zeit und Kontrollen nötig, jedoch entsteht ein Produkt mit einem außergewöhnlich mildem Fleischgeschmack.
Viel Erfolg dabei!

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Bioland Genehmigung
Produktionsanleitung für die Herstellung von Katenschinken.
Über diesen Link gelangt ihr auf die Homepage des Bioland Verbandes.
Das Ziel der Verlinkung auf den Originalbeitrag im Newsletter, ehemals http://www.bioland.de/hersteller/aktuel ... e/198.html ist nicht mehr existent und ich kann weder den Newsletter noch den Artikel auf der Bioland-Homepage finden)
Mit freundlicher Genehmigung der Bioland e.V., Produkt und Markt

Sehr geehrter Herr Glowacz,

auch für ein Forum dürfen Sie gerne auf den Bioland Newsletter Beitrag zum Katenschinken verlinken. Einen Hinweis darauf, dass es sich bei der Herstellungsanleitung um die Produktion nach Bioland Richtlinien handelt, welche über den Standard der EG-Öko-Verordnung für Bio-Produkte hinaus geht, möchte ich Ihnen empfehlen und darum bitten. Viele Dank und freundliche Grüße,

Annette Angenendt
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Bioland e.V. Produkt und Markt
Geschäftsstelle Hamm
Im Hagen 5
59069 Hamm

Tel.: 02385/9354-20
Fax.: 02385/9354-25
Mobil: 0177-3021639

annette.angenendt@bioland.de
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Liebe Grüße,
der Micha
- dienstältester “Räuchertreffer“ -

(Wer von sich behauptet normal zu sein, kann nicht normal sein!)
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