Schinken sehr weich

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Jemand

Schinken sehr weich

Beitragvon Jemand » Fr 23. Mär 2018, 13:58

Beitrag: # 4721Beitrag Jemand »

Hallo Forenmitglieder,

ich habe heute einen luftgetrockneten Rieslingschinken vom Schweinehals entpackt, der sehr, sehr zart ist.
Der Hals von ca. 2,2 kg wurde Mitte Oktober nach folgendem Rezept zubereitet und anschließend geteilt.

Gericht: Rieslingschinken, geräuchert / luftgetrocknet

1000 g Schweinekamm o. Kn. frisch (deutsches Hausschwein)
30 g Nitrit- Pökelsalz
5 g Zucker
1 St Knoblauchzehe
1 Blatt Lorbeer frisch
1 g Korianderkörner
2 g Kümmel ganz
3 g Wacholderbeeren
4 g Pfefferkörner schwarz
1 g Senfkörner
0,5 g Ascorbinsäure


1000 ml Riesling- Pökellake 12% 1075
( 280 ml Wasser+ 120 g Pökelsalz aufkochen, abkühlen , 600 ml Riesling unterrühren)
Rinderbutte Kabilber 120 - 140

Nach der Pökelphase über 4 Wochen wurde die eine Hälfte des Halses in eine Butte gezogen, in Bactoferm 4 getaucht und ca. 4 Wochen bis zu einem Gewichtsverlust von 34 % gereift. Alle Phasen wie Schimmelbildung innerhalb 3 Tagen, und Reifung wurden bestens durchlaufen.
Der Schinken fühlte sich auch entsprechend fest an.
Nach der Reifephase wurde der Schinken nicht entpackt, nicht abgewaschen, sonder so in der Butte vakuumiert.
Während der 3,5 Monate im Vakuum fühlte sich der Schinken immer weicher an, sodass ich schon befürchtete, ihn entsorgen zu müssen. Ich habe ihn trotzdem entpackt, der Geruch ist sehr gut, ebenso die Farbe, also habe ich ihn auch verkostet.
Der Geschmack ist exzellent, sehr zart im Biss, ähnlich wie Serranoschinken.
Meine Frage an die Enzym- Spezialisten ist, was ist passiert, das den Schinken so zart gemacht hat. Es wurde keine Kiwi oder Papain, oder Ähnliches verwendet.
Die andere Hälfte des Halses wurde nach dem Pökeln über einen Zeitraum von 2 Wochen geräuchert, 2 Wochen bis zu einem Gewichtsverlust von ebenfalls 34 % gereift, anschließend in der Butte vakuumiert und ebenfalls jetzt erst entpackt.
Der Geschmack ist ebenfalls sehr gut, die Konsistenz ist allerdings ganz anders. Er ist viel fester, obwohl vom gleichen Hals, gleiche Pökelung und auch gleiche Reifezeit.
Kann es wirklich sein, dass die Enzyme des Bactoferm ihre Tätigkeit weiterführen?
Für eine Antwort wäre ich dankbar.
Hätte gerne Bilder angehängt, aber funktioniert nicht.
Rauchfahnen aus Hochheim
Jemand

Re: Schinken sehr weich

Beitragvon Jemand » Sa 24. Mär 2018, 01:32

Beitrag: # 4734Beitrag Jemand »

IMG_20180323_115753.jpg
Hallo,
irgenwie habe ich es jetzt doch noch geschafft, ein Bild anzuhängen.
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Re: Schinken sehr weich

Beitragvon Jemand » Sa 24. Mär 2018, 08:16

Beitrag: # 4736Beitrag Jemand »

Moin Gerhard, vielen Dank für Deine excellente Beschreibung Deines Rezeptes und der Herstellungsweise. Allein der Hinweis auf Riesling zeigt, dass Du Dich in der Feinschmecker Küche wohlfühlst. Die Säure des Weins allein trägt schon mit zur Zersetzung von Bindegewebe bei, was sich grundsätzlich auf die Zartheit auswirkt.

Es gibt ein Phänomen, dass sich der Schinken nach Reifung an der Luft „fest“ anfühlt, weil der Rand des Schinkens durch Trocknung härter wird. Diese Trocknung wird im Vakuumbeutel über längere Zeit aufgeweicht, daher fühlt sich der Schinken mittels Daumendruck zunehmend weicher an. Selbstverständlich laufen auch im Vakuum die Zersetzungsprozesse des Fleisches weiter, so dass eine zusätzliche Zartheit entwickelt wird. Ohne es genau zu wissen, gehe ich davon aus, dass auch ein Edelschimmelmycel das Fleisch durchsetzt und quasi verstoffwechselt, also gewisser maßen verdaut. Der Schinken bildet ja das Substrat (Nahrungsquelle) für den Schimmel.
Wenn Du einen ganzen Nacken teilst, hast Du eine fettdurchwachsene Vorderseite und eine etwas magere Hinterseite, die in Richtung Kotelett ausläuft. Dein Bild zeigt wohl die Kottelet Seite. Die magere Seite verliert bei gleicher Zeit mehr Wasser, da kann sich das Fleisch auch fester anfühlen.
Meine Erfahrung zeigt, dass schimmelgereifte Produkte im Vakuum immer sehr zart und damit lecker werden, also wird es hier einen Zusammenhang geben.

Was das Bilder einfügen betrifft, klappt das hier sehr gut, wenn man den Bogen raus hat. Man muss nach dem Hochladen der Bilddatei den Kursor an die Stelle setzen, wo das Bild erscheinen soll. Dann auf die Schaltfläche „Bild im Beitrag anzeigen klicken“ dann wird kryptischer Text im Beitrag angezeigt. Dieser Text steht in der Software für das eingefügte Bild. Schau doch mal in die How to do Ecke, da haben die Admins das sehr gut beschrieben.
Viele Grüße aus Cloppenburg
Uwe
:huhu

Das Gegenteil zur Pflicht ist nicht die Pflichtlosigkeit, sondern die Verantwortung.
Hans A. Pestalozzi
Jemand

Re: Schinken sehr weich

Beitragvon Jemand » Sa 24. Mär 2018, 10:56

Beitrag: # 4738Beitrag Jemand »

Hallo Uwe,
vielen herzlichen Dank für Deine umfangreiche, präzise Antwort.
Ich habe nochmal mein Reifeprotokoll ( Gott sei Dank protokolliere ich jede Produktion) zu dem Rieslingschinken aufgerufen und habe festgestellt, dass ich für diesen Schinken Fleisch vom spanischen Durocschwein und nicht wie von mir geschrieben vom Deutschen Hausschwein, also noch ein positiver Aspekt zur Schinkenqualität.
Die Konsistenz ist, wie du richtig anmerkst, "vorverdaut" und ähnelt auch im Geschmack einem ganz jungen Serranoschinken.
Ich bin gespannt auf meinen nächsten Versuch. Mit gleichem Rezept habe ich nun auch Apfelweinschinken hergestellt.
Er liegt momentan einmal als geräuchert und einmal luftgetrocknet im Vakuum.
Als weiteres reift momentan ein Coppa vom Duroc- Schwein in Edelschimmelreifung.
Ich werde weiter berichten.
Das mit dem Bild einfügen klappt wohl jetzt auch.
Danke nochmals
Rauchfahnen aus Hochheim
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